“Wollen die überhaupt Geld verdienen?”
Eine meiner Haupt-Motivationen in meinem Leben war für mich der Hunger nach Neuem. Neue Menschen und die damit verbundenen Welten zu erleben und zu verstehen hat mich immer immens gereizt. Dabei lernt man die unterschiedlichsten Charaktere kennen und auch die unterschiedlichsten Unternehmenskulturen. Alles sehr spannend. Dabei stieß ich auch von Zeit zu Zeit auch immer wieder auf einen ganz bestimmten Typus : Unternehmen die kein Geld verdienen wollen.
Ja, klingt hart, oder ? Gibt es so etwas überhaupt ? Folgt man den allseits bekannten Abhandlungen über die Natur der freien Wirtschaft und des Kapitalismus dürfte es diesen Typus Unternehmen gar nicht geben denn Unternehmen MÜSSEN Geld verdienen um zu überleben. Und weiter gedacht: Unternehmen MÜSSEN immer wieder neue Wege finden Geld zu verdienen bevor es andere tun.
Dennoch habe ich diese Menschen und diese Unternehmen erlebt. Versteht mich nicht falsch: es geht nicht um Unternehmen die eine neue Idee nicht verstehen oder nicht für sinnvoll erachten und sie deshalb nicht weiterverfolgen. Es geht um Unternehmen die eine neue Idee verstanden haben, den monetären Mehrwert und auch den Aufwand dafür in einer vernünftigen Relation sehen.
Was also hindert sie dann daran diesen Weg zu beschreiten ? Was sind die Gründe ? Ich habe hier mal eine nicht vollständige Liste erstellt was zumindest nach eigener Aussage die Gründe sind:
1. Wenn es so gut ist, warum machen es dann andere nicht ?
2. Nicht genügend Personal
3. Ja, klingt super, machen wir ... so.. in ... 2036
4. Wir sind aktuell ganz happy mit unserem Ergebnis
5. Unser VP New Business macht gerade den Jakobsweg
Die Gründe, die ich aufgeführt habe, sind sicherlich nachvollziehbar, doch sie werfen auch Licht auf eine tiefere, oft unerkannte Dynamik in der Unternehmensführung. Jeder dieser Punkte spiegelt eine gewisse Risikoaversion oder eine Zufriedenheit mit dem Status quo wider, die in schnelllebigen Märkten gefährlich sein kann.
Die tieferen Ursachen der Zurückhaltung
1. Risikoaversion und die Angst vor dem ersten Schritt
Es ist menschlich, ängstlich zu reagieren, besonders wenn es um Neuerungen geht. „Wenn es so gut ist, warum machen es dann andere nicht?“ ist eine klassische Ausrede, um nicht der Erste sein zu müssen, der einen neuen Weg einschlägt. Dies kann aus einer tiefen Unsicherheit herrühren, die durch das Fehlen von Vorbildern in der Branche verstärkt wird.
2. Ressourcenbeschränkungen
Der Punkt „Nicht genügend Personal“ beleuchtet eine reale Herausforderung. Viele Unternehmen erkennen möglicherweise das Potenzial einer Idee, haben jedoch nicht die personellen oder finanziellen Kapazitäten, um sie umzusetzen. Diese Begrenzung kann zu einer Stagnation führen, wenn das Unternehmen nicht bereit ist, in notwendige Ressourcen zu investieren.
3. Prokrastination und mangelnde Dringlichkeit
Die Aussage „Ja, klingt super, machen wir... so.. in... 2036“ illustriert eine Zögerlichkeit, die oft aus einer Überbewertung der gegenwärtigen Stabilität entsteht. Unternehmen, die ihre aktuellen Erfolge überbewerten, können die Dringlichkeit, die Innovation erfordert, unterschätzen.
4. Zufriedenheit mit dem aktuellen Erfolg
„Wir sind aktuell ganz happy mit unserem Ergebnis“ zeigt, wie Zufriedenheit Innovation hemmen kann. In einem Umfeld, das von Veränderung und Wettbewerb geprägt ist, kann eine solche Haltung gefährlich sein. Der Wunsch, den aktuellen Zustand zu bewahren, kann dazu führen, dass Unternehmen Chancen auf zukünftiges Wachstum verpassen.
5. Führungsvakuum
Der letzte Punkt „Unser VP New Business macht gerade den Jakobsweg“ kann symbolisch für ein Führungsvakuum oder eine Abwesenheit von Entscheidungsträgern sein, die notwendig sind, um neue Initiativen zu treiben. Ein temporäres Vakuum kann verständlich sein, aber es offenbart auch eine Schwäche in der Organisationsstruktur, die abhängig von einzelnen Schlüsselpersonen ist.
Diese Punkte sind nicht nur Ausreden oder temporäre Hindernisse; sie sind Warnsignale, die auf tiefer liegende strukturelle Probleme in der Unternehmenskultur hinweisen können. Unternehmen, die diese Herausforderungen nicht erkennen und angehen, könnten sich selbst in einer gefährlichen Position wiederfinden, wenn der Markt sich plötzlich verändert.
Innovation erfordert Mut, die Bereitschaft, Risiken einzugehen, und vor allem eine proaktive Haltung. Unternehmen, die lernen, über den Tellerrand hinaus zu denken und die nicht nur reagieren, sondern aktiv die Zukunft gestalten wollen, sind diejenigen, die letztendlich in der Lage sein werden, sich in einer sich ständig verändernden Wirtschaft zu behaupten und zu prosperieren.